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Bundesministerium für Tourismus und Wirtschaft

Bundesministerium für Tourismus und Wirtschaft gefordert

Letztes Update: 12. Juli 2024

Die Denkfabrik Zukunft der Gastwelt fordert eine politische Aufwertung des Dienstleistungssektors durch die Schaffung eines Bundesministeriums für Wirtschaft und Tourismus. Eine neue Studie zeigt, dass Deutschland von einer zentralisierten Tourismuspolitik stark profitieren könnte.

Denkfabrik Zukunft der Gastwelt: Gastwelt gehört an den Kabinettstisch

Mit einem Bundesministerium für "Wirtschaft & Tourismus" könnte Deutschland deutlich stärker als bislang vom Wirtschaftsfaktor Gastwelt profitieren. Das ist das Fazit einer neuen Studie des "Institute of Tourism, Travel & Hospitality" an der Hochschule Heilbronn im Auftrag der Denkfabrik Zukunft der Gastwelt (DZG). Dem Thinktank geht es mit Blick auf die nächste Wahlperiode nicht um den Ministeriumsnamen selbst, sondern darum, die politischen Kompetenzen für den Dienstleistungssektor Gastwelt (Tourismus, Travel, Hospitality & Foodservice) auf Bundesebene endlich schlagkräftiger zu bündeln. Aktuell verfügen 12 Bundesministerien über Teil-Zuständigkeiten.

Die Bedeutung der Gastwelt für die deutsche Wirtschaft

Obwohl das Ökosystem sowohl bei den Beschäftigungszahlen (5,8 Millionen Mitarbeitende) als auch der Brutto-Wertschöpfung (355 Milliarden Euro/Jahr) jeweils auf Ranking-Platz 2 in Deutschland steht, geht die Bundesrepublik bislang einen Sonderweg, in dem es die Gastwelt in der politischen Hierarchie hierzulande weit unten angesiedelt hat. Die größte Volkswirtschaft Europas positioniert den Sektor nämlich unterhalb des federführenden Bundesministers für Wirtschaft und Klimaschutz sowie eines parlamentarischen Staatssekretärs "nur" auf der dritten Hierarchieebene - und verschenkt damit viel Potenzial, so Dr. Marcel Klinge.

Ein Paradigmenwechsel ist notwendig

Das dürfe so nicht weitergehen, meint der Vorstandschef der Denkfabrik. Er schlägt deshalb für die nächste Wahlperiode einen Paradigmenwechsel vor: Um die enormen wirtschaftlichen Potenziale der Gastwelt besser auszuschöpfen, sei es sinnvoll, Zuständigkeiten radikal zu bündeln und ein eigenes Ministerium für "Wirtschaft & Tourismus" oder "Ernährung, Tourismus & Lebensqualität" einzurichten. "Die genaue Bezeichnung ist am Ende nicht entscheidend. Vielmehr geht es darum, dass die Gastwelt ein unverzichtbarer Wirtschaftsfaktor sowie Garant für Lebensqualität und soziales Miteinander ist. Ein neu zugeschnittenes Bundesministerium würde der hohen ökonomischen, sozialen und gesellschaftlichen Bedeutung des Dienstleistungssektors endlich Rechnung tragen. Mit den bisherigen Strukturen holen wir national einfach nicht das Maximum raus", so der ehemalige Bundestagsabgeordnete.

Governance-Studie blickt auf europäische Nachbarstaaten

Die Untersuchung zeigt auf, wie Tourismuspolitik, nationales Tourismusmarketing und -förderung in Deutschland und in anderen europäischen Staaten organisiert sind. Studienautor Prof. Dr. Ralf Vogler hat vor diesem Hintergrund analysiert, wie sich starke europäische Tourismusnationen politisch erfolgreich aufgestellt haben: "Im Vergleich wird deutlich, dass Länder mit einem hohen touristischen Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) tatsächlich eigenständige Tourismusministerien haben". Ein solches Ministerium sei zwar kein Garant für wirtschaftlichen Erfolg, doch unterstreiche eine solche strukturelle Entscheidung die hohe politische Priorität des Sektors in diesen Ländern. "Die Verankerung des Tourismus auf ministerialer oder einer ähnlich hohen Ebene ermöglicht mit hoher Wahrscheinlichkeit eine direktere, effektivere Steuerung und Koordination aller tourismuspolitischen Maßnahmen", unterstreicht Vogler.

Die Rolle des Bundesministeriums für Tourismus und Wirtschaft

Auch Länder mit niedrigerem Tourismusanteil als Deutschland setzen, so der Wissenschaftler, mindestens auf die zweite politische Hierarchieebene für die Steuerung der nationalen Tourismuspolitik. Deutschland sei hier explizit einen anderen Weg gegangen, indem die Verantwortung im Bundeswirtschaftsministerium, seit der Bundestagswahl 2021, lediglich auf der dritten Hierarchieebene angesiedelt wurde - bei einem "Koordinator für Maritime Wirtschaft und Tourismus".

Nach Auffassung der Denkfabrik ist das nicht nur ein operatives Problem, sondern ein klares Zeichen für die unzureichende politische Anerkennung des Sektors. "Der aktuelle Tourismusbeauftragte macht einen großartigen Job und unterstützt uns zu 100 Prozent - im Rahmen seiner Möglichkeiten. Mit Blick auf die enormen Herausforderungen in den kommenden Jahren wie den sich verschärfenden Mitarbeitermangel, steigende Kosten und bröckelnde Standortattraktivität benötigt der Sektor aber künftig eine institutionelle Verankerung auf einer hohen ministeriellen Ebene, am besten direkt am Kabinettstisch. Mit einem BIP-Anteil von rund 8,8 Prozent spielen wir bereits im oberen europäischen Mittelfeld - Italien oder Österreich sind in Sichtweite. Der Schritt zu einem 'eigenen' Ministerium ist also realistisch und könnte die zentrale Forderung der Branche für die Bundestagswahl 2025 sein".

Auch bei der deutschen Förderpolitik gibt es Handlungsbedarf

Zusätzlich gebe es - laut Studie - teils große Unterschiede bei der Rolle der Auslandsmarketingorganisationen und der touristischen Förderung. Wie man es besser machen kann, zeigen Deutschlands Nachbarn: Die Tourismusnationen um uns herum verstünden es, ein nahtloses Netzwerk zwischen politischer Führung, nationalen Tourismusorganisationen (NTOs) und Förderpolitiken zu weben, meint Klinge. Diese Integration führe zu einer strategisch durchdachten Auslandsvermarktung, die Hand in Hand mit den nationalen Fördermaßnahmen.

So seien in Österreich in die Marketing-Aktivitäten der NTO strategische Aspekte integriert, und die NTO übernehme trotz starker Kompetenzen der Bundesländer national einheitliche Aufgaben im Bereich der Strategieentwicklung, die eine vergleichsweise starke Bund-Land-Kooperation indizierten. Klinge: "Länder wie eben Österreich oder auch die Schweiz bieten anschauliche Beispiele für eine vielschichtige und zielgerichtete Förderung auf Bundesebene."

Strategische Ausrichtung und Koordination als Erfolgsfaktoren

Die Ansätze dieser Nationen zeichneten sich durch eine klare strategische Ausrichtung und Koordination aus. Beide Nachbarstaaten nutzen Fördermaßnahmen, die auf die spezifischen Bedürfnisse und Potenziale zugeschnitten sind, und integrieren diese nahtlos in ihre Gesamtstrategie. Klinge: "Der fragmentierte Ansatz Deutschlands, in dem Fördermaßnahmen oft zu spezifisch und isoliert sind, steht im Kontrast zu dieser bewährten Praxis." Vergleichbare Länder hätten nationale touristische Fördersäulen etabliert, die sich an den jeweiligen Besonderheiten des Landes orientieren, meint auch Tourismusexperte Vogler: "Dies gilt auch für die Elemente der Regionalförderung. In vergleichbaren Ländern des Untersuchungsraums werden EU-Gelder stellenweise zielgerichtet für touristische Entwicklungsmaßnahmen eingesetzt".

Klinge: "Deutschland kann viel von seinen erfolgreichen europäischen Nachbarn lernen und sollte die Gastwelt hierzulande als eine zentrale Säule seiner Wirtschaft und als Schlüssel zu nachhaltigem Wachstum, gesellschaftlichem Miteinander und Lebensqualität neu positionieren."

Über die Denkfabrik Zukunft der Gastwelt

Die 2021 gegründete Denkfabrik Zukunft der Gastwelt (DZG) vernetzt Politik, Verbände und hochkarätige Vertreter*innen aller Wertschöpfungssektoren der Tourismus-, Hospitality- und Foodservice-Industrie (wie z.B. Radeberger Gruppe, Deutsche Bahn, Unilever Food, Motel One, Transgourmet, Metro, Center Parcs, Dorint, Bioland, Dussmann, NordCap, Centro Hotels, Best Reisen, Rational, Gerolsteiner). Der interdisziplinäre und unabhängige Thinktank kümmert sich inhaltlich ausschließlich um strategische Zukunftsthemen - wie Mitarbeitergewinnung, Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Ernährungswende - und entwickelt praxisnahe Maßnahmen zur effektiveren Krisen-Bewältigung. Die Mitgliedsunternehmen der Denkfabrik beschäftigen zusammen über 650.000 Mitarbeitende in allen Regionen Deutschlands. Finanziert und getragen wird der Thinktank von der Union der Wirtschaft e.V.

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